Spiegelblicke 30 Jahre Schwarze Deutsche Geschichte eine Rezension

Im 30. Jahr nach der Gründung des ISD, = Initiative Schwarze Menschen, in Deutschland und 34 Jahre nach Farbe bekennen , dem Gründungsmanifest der Schwarzen Deutschen Bewegung, erscheint mit Spiegelblicke im Orlanda Verlag zu dieser Thematik ein Buch. Die Verfasser*innen sind Denise Bergold-Caldwell, Laura Digoh, Hadija Haruna-Oelker, Christelle Nkwendja-Ngnoubamdjum, Camilla Ridha und Eleonore Wiedenroth-Coulibaly. In dem Buch gibt es Essays, Porträts, analytische Texte, Storytelling und Fotoreportagen von unterschiedlichen Menschen, die durch die unterschiedlichsten Zusammenhänge und Verbindungen mit der Schwarzen Bewegung in Deutschland verbunden sind. Wobei die Spannbreite der Perspektiven in Spiegelblicke von den Gründungsmitgliedern der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) bis zu jungen Aktivist*innen von heute reicht.

In den Texten werden rassistische Strukturen in privaten und öffentlichen Räumen, analysiert und dokumentiert. Es geht in Spiegelblicke um Schwarze Identitätsfindung in Deutschland und um Empowerment. Enthalten sind auch Texte, die sich inhaltlich mit Schwarzen Menschen in der NS-Zeit beschäftigen, solche die die Geschichte des Kolonialismus und seine Reichweite, z.B im Bildungssystem und durch Racial Profiling der Polizei, bis in die Gegenwart analysieren. Es gibt Texte zu Schwarzen Theaterschaffenden und zu Erinnerungskultur.                 

Besonders wichtig finde ich die Texte in denen Jugendliche ihr Leben als Schwarze Jugendliche in Deutschland reflektieren und wo diese Situation in der sie aufwachsen theoretisch aufgegriffen wird Die Jugendlichen betonen alle wie wichtig ihnen das alljährliche Bundestreffen des ISD ist. Der Beitrag mit dem Titel „Es könnte besser sein – Perspektiven Schwarzer Kinder“ ist sehr Aufschlussreich was Rassismus für negative Konsequenzen auf ein sicheres Aufwachsen und die Selbstfindung von Kindern hat. Dieser Abschnitt geht soweit, dass er aufzeigt, dass sich psychische Erkrankungen bei von Rassismus betroffen Menschen einstellen kann. Der Text macht deutlich welche negative Rolle gesellschaftliche Orte wie z.B. Schule, denen sich Kinder ja nicht entziehen können, zum Teil noch immer spielen. Der Beitrag „Empowerment als Erziehungsaufgabe“ gibt Tipps, wie wir Kinder bestärken können und macht dabei wieder die strukturelle Verantwortung deutlich. Obwohl es gar nicht Thema ist, wird mir wieder voll bewusst was der Unterschied zwischen dem inklusiven Konzept des Empowerments und dem Selbstoptimierungsgedanken der Resilienz ist. Wenn auch nicht direkt im Anschluss schließen die Beiträge aus der Elternperspektive thematisch am Thema Empowerment an. Die Beiträge zu Schwarzem Feminismus sind ein wichtiger Bestandteil des Buches. Die Beiträge über „was es heißt, Schwarz und Queer“ zu sein, machen den inklusiven Anspruch des Buches und der Schwarzen Bewegung in Deutschland deutlich, sie zeigen aber auch dass dieser Anspruch nicht im gelingt. Es werden negative Erfahrungen und der positive Wandel bei der Akzeptanz von Queeren Menschen in Zusammenhängen Schwarzer Menschen beschrieben. Dieser Wandel ist auch gesamtgesellschaftlich zu beobachten. Ein sehr wichtiger Punkt ist, meines Erachtens dass in den Beiträgen erwähnte wird dass in den nicht westlichen kolonialisierten Gesellschaften vor dem Kolonialismus ein sehr viel inklusiveres und viel schichtigeres Verständnis von Geschlecht herrschte, da es dort Konzepte wie das binäre Geschlechtersystem, nicht gab. So wird sichtbar, dass die Abwertung von Trans- und Inter-Personen sowie von allen Formen von nicht heteronormativen sexuellen Beziehungen ein Export christlich kolonialer Gewaltherrschaft ist. Dies zu wissen ist vor allem wichtig, um zu verstehen, dass wenn westlich imperialistische Staaten jetzt anfangen eine queerfreundliche Politik als Maßstab für „Entwicklungshilfe“ zu machen dies nur ein Vorwand dafür ist, um ihre neokoloniale Politik unter dem Deckmantel der Menschenrechte aufrecht erhalten zu können. und deshalb darf man sich als progressiv denkende Person diese Politik im Kampf gegen Inter Trans und Homofeindlichkeit Welt weit nicht zu eigen machen. Die Verschränkung der verschiedenen sozialen Ausschlussmechanismen werden auch sichtbar in den Schilderungen Vincent Hesse einer gehörlosen Schwarzen Person. Auch hier wird die Forderung deutlich, dass sich Strukturen an den Menschen anpassen müssen und nicht der einzelne Mensch an die Strukturen. Ich finde es gut, dass der Verlag die Anwendung der Grammatik wie sie durch die Gebärdensprache bekannt ist nicht raus korrigiert, um ein „korrektes“ Schriftdeutsch zu erzeugen. Etwas schade finde ich, dass sich Vincent Hesse so mein Eindruck, genötigt sieht sich in seinem Beitrag dafür rechtfertigen zu müssen. Unter dem Stichwort „Taub“ erklärt Vincent Hesse sehr eindrücklich, warum das Wort taubstumm diskriminierend ist. Und die passenden Begriffe taub und gehörlos sind. Die taube Person erklärt auch sehr eindrücklich warum sie das von sich selbst als taube Person spricht.                                                                                                                                                                               

Unter dem Stichwort „Rassismus“ schildert Vincent Hesse , dass er zur Gehörlosengeschichte schon viel erfahren hat über Schwarze Geschichte nur sehr wenig Er macht aber auch deutlich, dass die Strukturen Schwarzer gehörloser Menschen in Deutschland noch nicht wirklich vorhanden sind, wie beispielsweise in den USA. Vincent Hesse  schildert wie empowernd das ISD-Bundestreffen für sie war.                                                                            

Unter dem Stichwort Audismus schildert Vincent Hesse, wie gehörlose Menschen und ihre Sprache unterdrückt wurden. Es wird geschildert, dass diese sogar mit einem Verbot der Gebärdensprache an Gehörlosenschulen einherging. Es ist zu lesen, dass Schüler*innen zum Lippenlesen gezwungen wurden.

Das ist teils auch heute noch so

Vincent Hesse erklärt auch noch was für ihn Empowerment ist und Community bedeutet. Er stellt einschränkend fest, dass ihm eine Schwarze Gehörlosen Organisation fehlt.

Durch diese Schilderungen stellten sich mir folgende Fragen:

  Wie viel Schwarze gehörlose Nenschen  gibt es in Deutschland?

Wie viele haben davon Kontakt zu Organisationen von Schwarzen Menschen?

Wie viele Schwarze Gebärdendolmetscher*innen gibt es, und haben die Kontakt zur ISD?

Gibt es beim ISD Bundestreffen Gebärdendolmetscher*innen?

Haben schwarze taube Menschen überhaupt das Bedürfnis von einer Schwarzen Gebärddolmetscher*innen gedolmetscht zu werden oder ist das nur ein absurder Gedanke einer weißen hörenden Person wie mir?

Wenn es den Bedarf aber geben sollte, was wäre zu tun?

Spiegelblicke ist ein sehr wichtiges und schönes Buch.

Das Buch Spiegelblicke zeigt auch auf  das der Diskurs über eine inklusive Gesellschaft nicht auf beeinträchtigte Menschen beschränkt werden sollte  und das wir uns von dem Begriff Integration entgültig verabschieden sollten

  • Arbeit Inklusion statt Integration Sexualassistenz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert