Peter Bierl Unmenschlichkeit ein Programm eine Rezension

Am 08.07.2022 erschien das Buch von Peter Bierl „Unmenschlichkeit als Programm“ im Verbrecher Verlag, Berlin. Es hat 364 Seiten, und kostet 24.- Euro. Die kritische Darstellung und Analyse von aktuellen und historischen Strömungen, der Linken, die biologistische und sozialdarwinistische Ansichten vertreten, sind das Thema des Buches so der Verlag vorneweg. Leider gelang dies nur bedingt.

In der Einleitung des Buches geht Bierl auf sozial darwinistische Äußerungen und Handlungen während der Corona Pandemie ein. Er erwähnt dabei auch Bewegungen und Personen, die sich selbst nicht dezidiert als „links“ verorten würden. Das Buch ist in sechs Abschnitte gegliedert welche wiederum jeweils mehrere Unterabschnitte enthalten.

Im ersten Abschnitt des Buches arbeitet sich Peter Bierl am australischen Philosophen Peter Singer und dessen Freund*innen ab, er geht dabei auf dessen Konzept von Personen und Nichtpersonen ein. Mit dem Begriff der „Nichtperson“ rechtfertigt Peter Singer die Tötung beeinträchtigter und kranker Menschen und legitimiert somit Euthanasie. Andererseits lehnt er die Tötung von Schweinen ab und möchte z.B. Menschenaffen einen Personenstatus zuerkennen. Innerhalb des ersten Abschnitts wäre es aus meiner Sicht klug gewesen, den Unterabschnitt Wiedergänger von Eugenik und Euthanasie in dem Peter Bierl, Peter Singers Theorie in die Geschichte einordnet, an den Anfang zu setzen, um danach im Einzelnen auf die Theorie von Personen und Nichtpersonen einzugehen.

Im Unterabschnitt „Singers Freund*innen“ wird auf die Unterstützer*innen Singers unter Liberalen, „Linken“, „Feminist*innen“ und unter Tierrechtsbewegten eingegangen. Dabei wird zu Recht die These kritisiert, Singer könne gar keine menschenfeindlichen Thesen vertreten, weil seine Großeltern im Holocaust getötet wurden weil sie Juden waren und seine Eltern vor den Deutschen Faschisten  aus dem selben Grund fliehen mussten. Dass der Abschnitt „Singers Freund*innen“ in zwei Teile unterteilt wurde, nämlich in 1. Liberale, Linke und Feminist*innen und 2. Tierrechtler*innen und Tierbefreier*innen wirkt auf mich völlig überflüssig, und verkommt meines Erachtens auch noch völlig zur Farce, wenn dann das, nach eigener Darstellung feministische Magazin „Emma“ und deren Gründerin Alice Schwarzer erst in der Abteilung Tierrechtler*innen erwähnt wird.

Inhaltlich ist der Verweis im Unterabschnitt „Singers Freund*innen“, auf die Giordano – Bruno-Stiftung und ihre jahrelange Rechtfertigung und Verharmlosung der Thesen von Peter Singer, sehr wichtig. Ebenso ist die Causa um das Emma-Magazin und ihre Herausgeber*in Alice Schwarzer ein wichtiger Punkt. Was ich mich bei der Lektüre fragte war, ob es zwischen „Peter Singer Versteher*innen“ und der TERF/SWERF-Bewegung (Sex Work Exclusionary Radical Feminism“ und „Trans-Exclusionary Radical Feminism“) eine größere Schnittmenge besteht, oder ob Alice Schwarzer da eine Ausnahme ist, die beide Spektren abdeckt. Beide Spektren sind  meines Erachtens, eine Gefahr für eine Linke feministische Bewegung. Im letzten Teil des ersten Abschnitts wird noch auf den sog. Effektiven Altruismus verwiesen der das Denken Peter Singers prägt.

Der 2. Abschnitt ist überschrieben mit dem Titel „darwinistische Linke“ und dem Untertitel „Stark und schön wie griechische Heroen“ Diesen Abschnitt leitet Peter Bierl mit einem kurzen Abschnitt ein, in dem er darauf hinweist, dass Peter Singer dazu aufgerufen hatte, eine darwinistische Linke zu gründen als Phänomen gab es diese laut Peter Bierl aber bereits seit Darwin, denn einige Linke haben Darwins Theorien sozial darwinistisch und Rassen-hygienisch interpretiert.  Peter Bierl weist zunächst auf Zwangssterilisierungen unter sozialdemokratischen Regierungen in Schweden hin, um dann genauer auf die verschiedenen Strömungen der Linken einzugehen. Er möchte dabei aufzuzeigen, wie in diesen Strömungen soziale Ungleichheit teils biologisiert wurden, was dazu geführt hat dass Menschen, die sich als Sozialist*innen/Kommunist*innen oder Anarchist*innen sahen, behaupteten, dass es genetisch hochwertige und minderwertige Menschen gäbe. In diesen Argumentationen soll dann das Proletariat aus den genetisch hochwertigsten Menschen bestanden haben. Laut Peter Bierl rechtfertigten diese Strömungen mit ihren Theorien auch Menschenzucht. Der Versuch Peter Bierls, Darwin für den Sozialdarwinismus in Haftung zu nehmen, wirkt auf mich nicht überzeugend.

Auch In der ersten Bürgerlichen Frauenbewegung war  Eugenisches  Gedankengut weit verbreitet. Peter Bierl erläutert dass die Themen Mutterschutz, selbstbestimmte Sexualität, Geburtenkontrolle durch Verhütungsmittel, die Forderung nach dem Ende der Diskriminierung lediger Mütter und unehelicher Kinder sowie der Kampf gegen den Paragraphen 218 von Eugeniker*innen missbraucht, wurden um ihre eugenische Agenda zu puschen.

Im 2. Abschnitt gibt es einen Unterabschnitt zur rassistischen Internationalen (gemeint ist ein weltweites eugenisches Netzwerk mit seinen Rassen-hygienischen Institutionen) dieser ist sehr aufschlussreich in einem weiteren Unterabschnitt geht Peter Bierl ausführlich auf sozialistische Eugenik (Sozialdemokratische Eugenik) und deren Geschichte ein.

Es folgt ein Kapitel „Kritik von Links“, in dem linke Kritiker des Darwinismus erwähnt werden, darunter u.a. auch Marx und Engels. Dass die anderen Personen, die in diesem Kapitel erwähnt werden, teils selbst zwar keine darwinistischen aber biologistische Positionen beziehen und sogar der spätere Faschist Woltmann erwähnt werden, nimmt dem Buch jegliche Überzeugungskraft und führte an dieser Stelle fast dazu, dass ich aufhörte zu lesen.

Darauf folgt ein Unterabschnitt in dem Peter Bierl darauf hinweist das die Verbreitung des Eugenik Gedankens in der Europäischen Sozialdemokratie nach dem 1.Weltkrieg in den 20 Jahren ihren Höhepunkt erreicht und die SPD dabei bei Sterilisationsgesetzen in den einzelnen Bundesländern auch mit der NSDAP kooperierte. Im darauf folgenden Unterabschnitt geht Peter Bierl auf anarchistische Eugenik-Strömungen ein.

Es folgt dann der Unterabschnitt  mit dem Titel „Wie Stalin die Bolshevic-Eugenics stoppte“. In diesem Kapitel geht Peter Bierl auf die Kommunist*innen ein, die damals eugenische Positionen vertraten. Auch in dem Kapitel geht es erneut um überwiegend sozial-eugenische Gedanken, was letztendlich bedeuten soll, dass der Kapitalismus die Menschheit degenerieren lässt und deshalb muss hier korrigierend eingegriffen werden. Unter Stalin fielen dann viele Eugeniker den sog. Säuberungen von 1937 zum Opfer. Peter Bierl begründet dies damit, dass Stalin den Lehren von Lysenko anhing, der die Existenz von Genen bestritt. Zum Umgang Stalins mit Eugenikern verweise ich an dieser Stelle auf meine Rezension: https://inklusion-statt-integration.de/behinderte-menschen-in-der-sowjetunion-eine-rezension/ Ich sage weiterhin auch wenn ich kein Freund der Todesstrafe bin, wirkliches Mitleid verspüre ich in diesen Fällen nicht.

Die Kritik an der Genossin Kollontai in diesem Kapitel kann ich nicht ganz nachvollziehen, darüber hinaus wird sie auch nicht belegt. Weshalb auch in diesem Kapitel erneut so viele Personen aufgezählt werden, die sich vom Marxismus und dem Sozialismus abwandten und zu Ex-Linken wurden bleibt Bierls Geheimnis.

Der 3 Abschnitt des Buches  heißt „der Angriff der Spermienkrieger: Reformeugenik, Soziobiologie und evolutionärer Humanismus“.In den ersten drei Kapiteln dieses Abschnitts geht es um Eugenik Gedankenspiele nach dem 2. Weltkrieg, durch sich Links verortende Menschen oder durch Ex Linke. Warum Peter Bierl dabei auch auf die „Neue Rechte“ hinweist, die sich nicht vom Eugenik-Gedanken verabschiedet hat, und durch Täter*innen des Faschismus aufgebaut wurde, obwohl es im vorliegenden Buch eigentlich um Linke Strömungen gehen soll, ist für mich nicht erklärbar. An dieser Stelle gebe ich die weitere Lektüre des Buches auf und meine Rezension endet also hier…Das Buch bekommt von mir keine Empfehlung“ Wer mehr über Eugenik und die Linke erfahren möchte, greift lieber zu dem Buch „Selbstbestimmte Norm“ von Kirsten Achtelik, Brochüre, 224 Seiten Preis: 22,00.-€; ISBN: 9783957321206 Erschienen ebenfalls im Verbrecher Verlag

Peter Bierl

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