Angelina Boerger Kirmes im Kopf eine Buchrezension

Angelina Boerger hat mit Kirmes im Kopf Wie ich als Erwachsene herausfand, dass ich AD(H)S habe 2023 im Verlag: Kiepenheuer & Witsch,  ein lesenswertes Buch herausgebracht. In ihrem Buch »Kirmes im Kopf« geht Angelina Boerger am Anfang in der Einleitung auf den Zeitpunkt ihrer Diagnosestellung ein und erlebt diese als Befreiung. Angelina Boerger beschreibt die Auswirkungen ihrer ADHS auf die Psyche und wie sie durch die Diagnose Strategien entwickeln konnte, damit umzugehen und so ihren Frieden gefunden hat.

Angelina Boerger hat es sich zur Aufgabe gemacht, über ADHS aufzuklären, sie weist  darauf hin, dass noch   heute Menschen mit psychischen Problemen verurteilt werden und sehr vielen Vorurteilen ausgesetzt sind.

Angelina Boerger schreibt in Kirmes im Kopf auch von Vorurteilen und Unwissenheit, in der Forschung so ist es noch nicht so lange her das ADHS als Krankheit galt die nur Kinder haben und die sich auswächst. Die Deutsche Studienlage zu Erwachsenen mit ADHS ist noch sehr dürftig und der Mangel Diagnostikangeboten führt zu Monatelangen Wartezeiten. Angelina Boerger geht auf den Wert von Social Media bei der Aufklärung von Plattformen ein, aber auch deren Gefahren.

Auch die Gewalterfahrungen, die psychisch kranke Mensche in der Geschichte und teils bis heute erfahren, kommt zur Sprache. Was ich sehr erfrischend finde ist dass Angelina Boerger sagt dass sie sowohl diejenigen die ADHS für ein Monster halten als auch diejenigen die ADHS  für eine göttliche Gabe halten nicht zufriedenstellen wird. Das Buch ist aucht nichts, für die die ADHS für eine Verschwörung halten.

Spannend finde ich den historischen Exkurs den Angelina Boerger  so erfahren die Leser*innen einige der ersten Beschreibungen von Kindern mit ADHS stammen aus dem 19 Jahrhundert. so z.B. aus der Geschichte,  die später unter dem Namen Struwwelpeter bekannt wurde. Der Arzt Heinrich Hoffmann verfasste damit ein ursprünglich für seinen Sohn verfasstes Kinderbuch (heute eher pädagogisch zweifelhaft). Zu den ersten Beschreibungen von ADHS zählt Angelina Boerger Hans Guck in die Luft. Wissenschaftlich beschrieben wurde ADHS das erste mal 1902 die ADHS wird aber fälschlicherweise einem moralischen Defekt zugeschrieben (hält sich als Vorurteil bis heute).

Schon damals viel eine Missverhältnis zwischen de Geschlechtern auf (binär Jungs Mädchen) auf 15 Jungs kommen 5 Mädchen. Leider sind bis heute die Diagnosekriterien Jungs zentriert.

Auch Vorurteile, wie dass zu viel Zucker oder Medienkonsum zu ADHS führen, halten sich bis heute. Die ersten Erkenntnisse, dass ADHS nicht nur Kinder betrifft, sind von 1970.

Die im Buch in einem Abschnitt verfolgte These, dass ADHS ein Relikt aus der Steinzeit sein könnte, wirkt auf mich äußerst schlüssig. Im Abschnitt Wieso das ADHS Gehirn  etwas anders tickt, geht Angelina Boerger auf das Zusammenspiel von neuronalen, genetischen, umwelt und psychosozialen Faktoren von ADHS ein. Ich hab mich gewundert, dass  Angelina Boegner von anders tickt spricht,  ob dass eine Provokation ist oder ein Versuch, sich die negative Bedeutung von der/die tickt anders positiv anzueignen geht aus dem Buch nicht hervor.

Sehr aufschlussreich dürften  für die  Leser*innen auch die Abschnitte  sein, die sich damit beschäftigen, was die Unterschiede zwischen  ADHS im Kindesalter oder im Erwachsenenalter sind. 

Gut und leider notwendig finde ich die Beschäftigung mit der These: “haben wir nicht alle ein bisschen ADHS” ,die Angelina Boerger klar und ausführlich widerlegt. (In meiner Wahrnehmung wird diese These oft von Menschen gestellt, die ADHS für eine Verschwörung halten).

Das  Kapitel “Rückblickend war es schon immer Mein Leben vor der Diagnose”  und das Kapitel  „Sowas wie eine zweite Geburt Mein leben nach der Diagnose” machen das Buch durch den persönlichen Einblick sehr eindrücklich und nahbar. Angelina Boerger beschreibt, wie der gesellschaftliche Umgang mit ADHS dem einzelnen betroffenen Menschen schadet, aber  auch der Gesellschaft im Allgemeinen, weil dieser Umgang Komorbiditäten wie z.B. Depression oder Suchterkrankungen fördert.

Eine sehr wichtige Diskussion stößt auch das Kapitel “Bin ich das Problem oder  sind es die anderen Zeit für für einen Perspektivwechsel” an  in dem die Fragen aufgeworfen werden ob ADHS eine Krankheit ist ob ADHS eine Behinderung ist und es wird das Konzept von Neurodiversität erklärt in diesem Kapitel grenzt sich Angelina Boerger vom Begriff Betroffene ab das macht deutlich wichtig Selbstbezeichnungen sind und sie erklärt warum sie  die Bezeichnung ADHSler*innen der Formulierung Mensch mit ADHS vorzieht, beschreibt sie auch, wie Krankheit definiert wird und wie sie dazu steht. Beim Thema Behinderung kommt Angelina Boerger zu dem Schluss, dass wenn das soziale Modell von Behinderung angewendet wird, ADHSler*innen behinderte Menschen sind.  Spannend wäre es für mich gewesen, wie Angelina Boerger zu dem Konzept Beeinträchtigung statt Krankheit steht. Auch das  Konzept der Neurodiversität hätte von dem Konzept der Beeinträchtigung, das andere  behinderte Menschen, deren körperliches Sein z.B. das fehlen eines Beins oder eine Spina bifida ist nutzen, wäre aus meiner Sicht spannend gewesen

https://inklusion-statt-integration.de/die-welt-der-frauen-und-maedchen-mit-adhs-eine-rezension/

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