Am 12.11.2021 wurde der Inklusionspreis der Wirtschaft 2021 verliehen. Vier Unternehmen wurden damit ausgezeichnet die Deutsche Post – DHL Group, die Ford-Werke, der Doku-Service Knoll und die Goldbrötchen Bäckerei Ralf Jahnsmüller.
Neben der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sind die Bundesagentur für Arbeit Charta der Vielfalt e.V. und das Unternehmens Forum sind Stifter*innen des Preises.
Das heißt Kapitalist*innen zeichnen Kapitalist*innen aus. Schirmherr der Veranstaltung war Hubertus Heil SPD, noch – und designierter Bundesminister für Arbeit – und Soziales.
Heil lobte in seiner Rede bei der Preisverleihung die ausgezeichneten Unternehmen, da diese „eindrucksvoll bewiesen hätten, dass mit Ausdauer, innovativen Ideen und der Bereitschaft, individuelle Lösungen zu suchen, Inklusion auch in der Arbeitswelt funktionieren kann.
Hubertus Heil sollte, anstatt seine Zeit mit dem verleihen des Inklusionspreis zu verschwenden, in seiner Funktion als Arbeitsminister dafür sorgen, dass alle Unternehmen endlich die Mindestbeschäftigunsquote für Menschen mit Beeinträchtigung von 5% einhalten. Darüber hinaus sollte er die Ausgleichsabgabe massiv erhöhen. Im Zuge der Erhöhung des Mindestlohnes auf 12.- € sollte er außerdem dafür sorgen, dass die zwei Personengruppen, die bis jetzt keinen Mindestlohn erhalten, in Zukunft auch berechtigt sind. Die zwei Personengruppen sind Menschen, die Behindertenwerkstätten arbeiten und Gefangene. Ein Gesetz das den Ausstieg aus dem System der Behindertenwerkstätten regelt, ist auch endlich zu erarbeiten
In der Kategorie „Konzern“ gewann die Deutsche Post DHL Group. Se beschäftigt 15.000 Mitarbeiter*innen mit Schwerbehinderung. Das ist ein Beschäftigten-Anteil von rund 8,5 Prozent. Laut Eigenwerbung des Unternehmens ist Inklusion gelebter Teil der Unternehmenskultur und darüber hinaus fest in der Konzernstrategie verankert.
Das sieht dann so aus:
- Eine Integrationsabteilung für Menschen aus dem Autismusspektrum in Köln.
- Ein Gehörlosenprojekt in Leipzig.
- Eine Social Media Kampagne zur inklusiven Nachwuchsförderung, oder ein eigenes Pilotprojekt, um Jugendliche gezielt aus Förderschulen und Behindertenwerkstätten zu rekrutieren.
Die Frage die sich mir dazu stellt ist: wo ist bei all den genannten Abteilungen etwas inklusiv? Meines Dafürhaltens ist die Etablierung von Sonderräumen für Menschen mit Beeinträchtigung maximal integrativ!
Als „großes Unternehmen“ wurde die Ford-Werke GmbH ausgezeichnet. Mit Insourcing-Maßnahmen und innovativen Projekten gelingt es dem Automobil- Hersteller, „leistungsgewandelte Beschäftigte“ langfristig im Unternehmen zu halten, so die Begründung für den Preis.
Durch das Insourcing von Logistikleistungen für Fahrzeugtransporte und der Montage von Fahrzeugtüren wurden insgesamt 43 neue Arbeitsplätze für Beschäftigte mit schweren, erworbenen Einschränkungen geschaffen. Dass sich der Konzern überhaupt traut diese lächerlich niedrige Zahl öffentlich zu machen, macht die Überheblichkeit deutlich, wie „Brotkrumen“ als Wert an sich verkauft werden. Von woher die neuen 43 beeinträchtigten Arbeitnehmer*innen kamen bevor sie ingesourct wurden, ließ der Konzern und die Jury des Inklusionspreises offen.
Ich vermute, dass die 43 leistungsgewandelten Mitarbeiter*innen (Als leistungsgewandelte Personen werden Mitarbeiter eines Betriebs mit Tätigkeitseinschränkungen aufgrund einer ärztlich attestierten irreversiblen Krankheit bezeichnet. Bei vielen von ihnen hat ein Unfall oder eine Erkrankung eine dauerhafte Behinderung verursacht, Quelle Wikipedia) wahrscheinlich aus Werkstätten für behinderte Menschen kamen ob sie dorthin wegen Leistungswandlung nicht durch denselben Konzern outgesourct wurden erfährt man nicht. Meine Vermutung, dass diese 43 Mitarbeiter*innen nach ihrer Leistungswandlung erst einmal nicht bei Ford gearbeitet haben bezieht sich auf das Wort incourcing. Es könnte aber auch sein, dass Ford sie nach ihrer Leistungswandlung einfach weiterbeschäftigt hat.
Im Pilotprojekt KOBOT entwickelt Ford zudem gemeinsam mit der RWTH Aachen und dem LVR robotische Hilfssysteme für Mitarbeitende mit Schwerbehinderungen. Darüber hinaus bildet das Unternehmen „Mental Health“Ersthelfende aus, die als Erstkontakt bei psychischen Erkrankungen beraten.
Was daran schon Inklusion sein soll erfahren wir auch hier nicht. Im Übrigen sollte das Wortkonstrukt „leistungsgewandelte Beschäftigte“ mit anderen Worten wie „besondere Bedürfnisse“ oder „andersartig begabt“ für das Unwort des Jahres vorgeschlagen werden.
Die vogtländische Goldbrötchen Bäckerei, ist die Gewinnerin der Kategorie „Kleines Unternehmen“, dort gelingt nach eigener Aussage Inklusion schon seit 15 Jahren Beschäftigte mit unterschiedlichsten Behinderungen arbeiten überall mit. Sie werden von der Herstellung der Backwaren bis zu deren Verkauf eingesetzt.
Ermöglicht wird dies durch barrierefreie Räumlichkeiten und persönliche Förderpläne, welche die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse jedes Teammitglieds mit Behinderung berücksichtigen. Dafür arbeitet die Bäckerei eng mit Leistungsträgern zusammen. Für die Schaubäckerei des Unternehmens wurde außerdem eine neue Abteilung „Brennholzproduktion und Landschaftspflege“ geschaffen, um den Beschäftigten mit Behinderungen ein weiteres Einsatzgebiet und damit eine schnelle Beschwerdelinderung zu ermöglichen.
Um dabei bürokratische Hürden zu verhindern, wurde die Bäckerei 2020 zum Inklusionsbetrieb umgewandelt. Inhaber Gerd Jahnsmüller sichert sich damit Fachkräfte. Sog Inklusionsbetriebe sind staatlich geförderte Betriebe die zur Integration von behinderten Menschen in den ersten Arbeitsmarkt dienen. Wenn solche Betriebe nicht einigermaßen an inklusive Konzepte angelehnt arbeiten würden, kämen sie ihrer Aufgabe nicht nach.
In der Kategorie „Nicht beschäftigungspflichtiges Unternehmen“ gewann DokuService Knoll: Über eine enge Kooperation mit dem BFW Stralsund sichert sich der Druck- und Versand-Dienstleister gut qualifizierte, behinderte Beschäftigte, die mit einer geringen Fehlerquote und hoher Motivation überzeugen. Heute haben mehr als die Hälfte der Fachkräfte eine Schwerbehinderung – bis hinein in die Betriebsleitung. Auch bei der strategischen Weiterentwicklung wird Inklusion mitgedacht, beispielsweise mit neuen inklusiven Arbeitsplätzen im Bereich der Dokumenten-Digitalisierung.
Meines Erachtens muss die Vergabe des Inklusionspreis der Wirtschaft abgeschaft werden, denn dass Unternehmen 11 Jahre nach Ratifizierung der UN – Behindertenrechtskonvention durch die BRD Inklusion umsetzen, muss mittlerweile als Selbstverständlichkeit gelten