Die Gefahr von Triage durch die Coronapandemie im Jahr 2021

In der Coronapandemie spielt die sogenannte Triage eine gewisse Rolle. Mit diesem Begriff wird die Sortierung von Gruppen in vor- bzw. nachrangig zu behandelnde Personen bezeichnet. Diese Sortierung wird vorgenommen, wenn die Anzahl der zu behandelnden Personen die verfügbaren Ressourcen von z.B. Beatmungsgeräten im Rahmen z.B. einer Pandemie weit übersteigt. Dieses Vorgehen wurde 2020 in Norditalien, bei der sich damals schlagartig verbreitenden Coronapandemie, schon einmal praktiziert werden musste und bei den momentan weiter steigenden Infektionszahlen für Deutschland nicht ausgeschlossen werden kann. Stand 8.12.2021 laut Auskunft vieler Krankenhäuser kann trotz vorhandenem Impfstoff in Deutschland nicht ausgeschlossen werden, dass Verhältnisse wie in Italien 2020 eintreten könnten.

In der Diskussion um Triage wird immer häufiger von geimpften Menschen gefordert, dass zur Verhinderung einer Triage ungeimpften Menschen, die dafür keinen medizinischen Grund sondern nur krude Verschwörungstheorien vorweisen können, die Beatmung zu verweigern.Auch ich ertappe mich manchmal bei einem solchen Gedanken, denn unter denjenigen die sich bis jetzt nicht haben impfen lassen, sind auch diejenigen die Risikogruppen ohne Bedenken unter den sprichwörtlichen fahrenden Bus geworfen hätten um ihren mit dem Wort Freiheit getarnten Egoismus zu leben. Denn warum sollen zum Beispiel Menschen, die mit Muskelschwund leben, sich die gesamte Pandemie über seit Monaten isolierten, eventuell auch 3-fach geimpft sind, nur weil sie möglicherweise trotz Beatmung eine geringere Überlebenschance haben, im Ansteckungsfall keine Beatmung bekommen? Ein*e Coronerleugner*in, die sich nur hätte impfen lassen müssen, in dem Fall aller Wahrscheinlichkeit nach nicht im Krankenhaus gelandet wäre, schon?

Aber es muss deutlich gesagt werden, dass eine Gesellschaft, die nur einen Funken Humanität in sich trägt (das ist in einer kapitalistischen Gesellschaft eher wenig), darf sich diese nicht durch die Ignoranz einiger weniger nehmen lassen!

Aber Impfverweiger*innen die Beatmung zu verweigern, wenn sie eine solche benötigen, ist inhuman.

Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) schrieb über die Triage am 23.11.2021 folgendes:

Empfehlungen zur Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen bei COVID-19-Pandemie
1. Hintergrund:

Nach aktuellem Stand der Erkenntnisse zur COVID-19-Pandemie erscheint es möglich, dass auch in Deutschland trotz optimaler Nutzung der erhöhten Kapazitäten die intensivmedizinischen Ressourcen nicht mehr für alle Patienten ausreichen, die ihrer bedürften.“

Unter 2.2. schreibt die DIVI unter dem Punkt: Zusätzliche Entscheidungsgrundlagen bei Ressourcenknappheit“ unter anderem folgendes „Wenn die Ressourcen nicht ausreichen – weder im eigenen Haus noch regional oder überregional –, muss unausweichlich entschieden werden, welche intensivpflichtigen kritisch kranken Patienten intensivmedizinisch behandelt und welche nicht (oder nicht mehr) intensivmedizinisch behandelt werden sollen…

Wenn keinerlei Ressourcen mehr verfügbar sind, wird eine Einschränkung der sonst gebotenen patientenzentrierten Behandlungsentscheidungen erforderlich. Dies stellt eine enorme emotionale und moralische Herausforderung für das Behandlungsteam dar. In diesem Fall muss analog der Triage in der Katastrophenmedizin über die Verteilung der begrenzt verfügbaren Ressourcen entschieden werden. Es erfordert transparente, medizinisch und ethisch gut begründete Kriterien für die dann notwendige Priorisierung. Ein solches Vorgehen kann die beteiligten Teams entlasten und das Vertrauen der Bevölkerung in das Krisenmanagement in den Krankenhäusern stärken. Die Priorisierungen erfolgen dabei ausdrücklich nicht in der Absicht, Menschen oder Menschenleben zu bewerten, sondern mit der Zielsetzung, mit den (begrenzten) Ressourcen möglichst vielen Patienten eine Teilhabe an der medizinischen Versorgung unter Krisenbedingungen zu ermöglichen.

Die Priorisierung von Patienten soll sich deshalb am Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht orientieren. Dabei werden – wenn nicht anders vermeidbar – diejenigen Patienten nicht intensivmedizinisch behandelt, bei denen nur eine sehr geringe Aussicht besteht zu überleben. Vorrangig werden demgegenüber diejenigen Patienten intensivmedizinisch behandelt, die durch diese Maßnahmen eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben. Die Einschätzung der klinischen Erfolgsaussicht muss für jeden einzelnen Patienten so sorgfältig wie möglich erfolgen. Die Priorisierung soll immer alle Patienten einschließen, die der Intensivbehandlung bedürfen, unabhängig davon, wo sie gerade versorgt werden (Allgemeinstation, Notaufnahme/Intermediate-Care Station oder Intensivstation). Eine Priorisierung ist aufgrund des Gleichheitsgebots nicht vertretbar nur innerhalb der Gruppe der COVID-19-Erkrankten. Auch nicht zulässig ist Priorisierung aufgrund des kalendarischen Alters, aufgrund sozialer Merkmale oder aufgrund bestimmter Grunderkrankungen oder Behinderungen und auch nicht aufgrund des SARS-COV-2-Impfstatus“.

Aus meiner Sicht verschweigt die DIVI in ihren Richtlinien aber einen entscheidenden Punkt. Denn in einer Triage-Situation werden sehr wohl Menschen mit bestimmten Beeinträchtigungen, wenn sie sich mit Covid infizieren, sicher von Triage betroffen sein. Denn das Kriterium der geringeren Aussicht zu überleben benachteiligt diesen Personenkreis. Betrachtet man z.B. eine Person mit Muskelschwund, hat diese in einer Situation einer Covid19-Erkrankung in der sie beatmet werden muss, eine schlechtere Überlebenschance. Da die Lungen von z.B. von Muskelschwund betroffenen Personen bereits durch diese Beeinträchtigung geschwächt sind. Während Lungen von vormals gesunden Menschen mit Covid19-Infektion vor der Erkrankung gesund, wenigstens gesünder, waren.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die ungeimpften Menschen zwar einen sehr großen Anteil an der katastrophalen Situation haben, sie sind aber nicht die einzigen. Denn das marode und kaputtgesparte Gesundheitssystem, in dem nur Profit und nicht der Mensch zählt, haben sie nicht zu verantworten. Die Verantwortung liegt im Fall von Deutschland bei den Bundesregierungen, die seit den 1990er Jahren dem kapitalistischen Privatisierungswahn das Wort reden. Auch der jetzige Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat noch 2019 behauptet, dass die Hälfte der Krankenhäuser geschlossen werden sollten auch während der Pandemie wurden Krankenhäuser real geschlossen.

Meine zweite Forderung, neben der allgemeinen Impfpflicht ist die sofortige Beendigung der Privatisierung im Gesundheitssystem.

Ergänzung  am 28.12.2021 hat  das Bundesverfassungsgericht entschieden  das die DIVI Richtlinien zur Triage  nicht rechtlich bindend sind und dass der  Bundestag gegen Artikel 3 GG verstoßen hat in dem er noch keine rechtlich Grundlage zur Triage geschaffen hat

Arttikel von Kobinet zur Entscheidung des BVG

Gesetzgeber muss Vorkehrungen zum Schutz behinderter Menschen im Fall einer pandemiebedingten Triage treffen

Inklusionspreis
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