Hannah Reuter ist Sprach- und Kulturwissenschaftlerin. Sie hat u.a. als Redakteurin für eine Blindenjugendzeitschrift und als Kolumnistin für die TAZ gearbeitet. Derzeit ist sie Öffentlichkeitsarbeitsreferentin für eine Stiftung sie ist eine blinde Person und Mutter einer Tochter. Mit „Blind mit Kind“ hat Hannah Reuter ein Buch vorgelegt, dass die Sicht der Gesellschaft auf Eltern mit Beeinträchtigung verändern soll. Meiner Einschätzung nach kann das Buch dies auch schaffen.
Die Frage „wie machen das blinde Eltern mit der Kindererziehung“ wird ihr, ihrer Wahrnehmung nach, deutlich zu oft gestellt. Im ersten Kapitel beschreibt sie die Skepsis ihrer Umgebung als sie schwanger wurde.
Sie weist auf Grundsatzdebatten hin, wie z. B dieser, ob man es seinem Kind antun könne „es sehenden „Auges in sein Unglück zu gebären, weil es ja auch eine Beeinträchtigung haben könnte.
Als ich dies las, stellte sich mir wieder einmal die Frage, ob es denn so schlimm wäre, wenn sich beeinträchtigte Eltern auch ein beeinträchtigtes Kind wünschen würden, weil es dann halt ist wie sie.
Das war bei Hannah Reuter aber nicht der Fall
Siehe: https://www.welt.de/print-welt/article386254/Wir-wollen-taube-Kinder.html
Im 2. Kapitel kritisiert Hannah Reuter zurecht die Beweislastumkehr, die von beeinträchtigten Eltern erwartet wird, um dem Jugendamt zu beweisen das sie keine Gefahr für ihre Kinder darstellen. In Kapitel 3 beschreibt sie, wie sie sich vom Statussymbol „Kinderwagen“ verabschiedete weil es praktischere Alternativen gibt.
Es folgen weitere 24 Kapitel über Fragen und Alltagssituationen als blinde Mutter mit Kind. Dabei kommt immer wieder das Thema auf, wie weit das eigene Kind Assistenz leisten sollte. Dabei wird der Frage nachgegangen, wie die Assistenz durch das Kind das Verhältnis von Eltern und Kind beeinflussen könnte und inwieweit das Bild „des armen behinderten Menschen“ internalisiert werden könnte. Klar wird dabei das kein Kind sich verpflichtet fühlen darf Assistenz sein zu müssen. Eltern mit Beeinträchtigung haben ein Recht auf Elternassistenz, auch darauf wird im Buch hingewiesen. Auch das Thema Assistenz Hunde und die damit verbundenen Diskussionen wo er rein darf. Es wird auch deutlich wie wenig barrierefrei Eltern-Kindkurse sind.
Hannah Reuter versucht humoristisch und empowernd zu schreiben, was ihr auch gelingt. Damit nimmt sie, sicher auch einigen nicht beeinträchtigten Leser*innen ihre Vorurteile. Allerdings strengte mich ihr „Humor auf Dauer eher an, weil er in weiten Teilen auf Blinheitsmetaphern in der deutsche Sprache basiert, die ich eher kritisch hinterfragen würde als sie satirisch aufzugreifen.
Was mich sehr gefreut hat ist, dass in diesem Buch mit * gegendert wird und nicht mit dem Verweis auf Barrierefreiheit aufs Gendern verzichtet wird. Dazu hier der Hinweis auf meine Rezension unter
Das Buch Blind mit Kind ist aus meiner Sicht sehr empfehlenswert.