Kaleigh Trace „Hot, Wet & Shaking.“ eine Rezension

In ihrem Buch „Hot, Wet & Shaking.“ nähert sich Kaleigh Trace ihrer eigenen Sexualität als queere und behinderte Frau und lässt die Leser*innen mit unbeirrter Direktheit, Ehrlichkeit und viel Humor daran teilhaben. Sie spricht offen über Dinge über die wir meist beschämt schweigen würden.
Absurde, peinliche, aber auch angenehme Situationen über- und nicht erfüllte Wünsche. Mit ihrem Buch zerlegt Kaleigh Trace die „gephotoshopten“ bzw. konventionellen Vorstellungen von Sex, Lust und ein Schönheitsideal, das behindernd wirkt! Sie nimmt uns mit in ihre Jugend, erzählt uns von ihren ersten sexuellen Erfahrungen ebenso wie ihren Missgeschicken. Es wird deutlich, dass diese aber zu ihrem Leben gehören und sie irgendwie alle dort hinführen, wo sie heute ist: eine Erfolgreiche Bloggerin.

Klaleigh Trace erzählt von ihrem Job im Sexshop und ihren Blowjobworkshops. Sie macht deutlich, was ihre Erfahrungen mit einer behindernden Gesellschaft und Umwelt zu tun haben. Sie trifft auch dann genau den richtigen Ton und meinen Humor als sie das beschreibt, was auf sie zugekommen wäre, wenn sie das Leben gelebt hätte, was ihr unmittelbares Umfeld ihrer Jugendjahre ihr zu bieten hatte. Sie schreibt

Sollte ich den Weg der meisten mir bekannten Menschen einschlagen, so hätte ich die Wahl zwischen zwei Optionen. Option eins heiraten, meinem Mann auf dem Bauernhof helfen und mich fortpflanzen. Option zwei in der nächstgelegenen Stadt studieren, heiraten, meinem Mann auf dem Bauernhof helfen und mich fortpflanzen. Ich empfand weder Option eins noch Option zwei als sonderlich verlockend. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich mich in diesen Rahmen fügen würde. Wie sollte das denn funktionieren, humpelnd Heuballen durch die Gegend zu tragen? Oder, wenn ich mit meinen chronischen Rückenschmerzen versuchen würde Kühe zu melken? Das klingt nicht optional außerdem habe ich Kühe noch nie gemocht “

Das Geniale an diesem Abschnitt ist, dass das, was die meisten Leser*innen wohl vermuten würden, nämlich eine Abrechnung mit überkommenen Genderrollen und Beziehungsmodellen, nicht direkt angesprochen wird aber im Raum steht und zwar überdeutlich.

An anderer Stelle macht sie mit erfrischender Offenheit deutlich, dass der Umgang mit einer gelähmten Blase spezielle Vorkehrungen für bestimmte Situationen erfordert und dass dies auch manchmal nervt oder schief geht, aber okay ist.

Eine sehr beeindruckende Stelle im Buch ist, die wo sie beschreibt, wie ihr bewusst wurde, dass sie gar nicht weiß, ob die Produkte, die sie im Sexshop, in dem sie arbeitet, den Kund*innen verkauft, ihr selbst Befriedigung verschaffen würden. Dieser Abschnitt im Buch macht deutlich, dass es passieren kann, dass mensch durch behindernde Erfahrungen, die er*sie als Mensch mit Beeinträchtigung auf dem Gebiet der Sexualität machen kann, gegenüber seinen eigenen Bedürfnissen abstumpft. Als behinderte Person kann es durchaus des Öfteren vorkommen, dass man sich beim Lesen des Buches ertappt fühlt.

Wunderbar beschrieben wird ferner, dass das meist schon sehr früh vorhandene Denken, den eigenen Körper als einen Ort der Probleme wahrzunehmen, es nicht gerade leichter macht in ihm auch als einen Ort der Lust zu erkennen und zuerfahren.Trace spricht aus, dass mensch dabei auch keine Hilfe bekommt, weil die Bücher, die als Sexratgeber dienen könnten, nicht für behinderte Menschen geschrieben wurden. Dabei spricht sie auch über die Bücher, die von ihr im Sexshop verkauft werden.

In einem weiteren Kapitel beschreibt sie Hürden, die sie überwinden musste, als sie eine Abtreibung durchführen lassen wollte und wie diese dann durchgeführt wurde.
Sie schreibt sehr beeindruckend wie sie lernte ihre Beeinträchtigung zu akzeptieren und, und auch dass sie queer ist.

Sie erzählt, wie sie auf Facebook eine Sex-Kurzgeschichte schrieb und welche positive Wirkung dies auf sie hatte. Die Kurzgeschichte selbst ist im Buch vorhanden.Ich fand sie genial.

Im Buch gibt es ein Kapitel in dem Kaleigh Trace einen Akt des Widerstandes gegen Behindertenfeindlichkeit und Sexismus schildert. Nach dem sich mehrere Typen auf das Widerlichste über sie lustig gemacht haben.

Der kontroverseste Abschnitt des Buches ist, meiner Ansicht nach, der in dem Kaleigh Trace darüber schreibt weshalb für sie nach einiger Zeit der zunächst genutzte Begriff „Vulva“ für sie nicht mehr verwendbar war und sie sich stattdessen das Wort Fotze positiv aneignete. Das wird verständlich, wenn man weiß, dass das englische Wort cunt dieselbe Wortwurzel hat wie das Wort queen. Danke Mithu Sanyal für diesen Hinweis.

Eine kleine Sache hat mich an diesem, absolut lesenswerten Buch, gestört, Dass hat aber mit der Übersetzung zu tun und nicht mit dem Buch an sich. Es war der Unterstrich im Wort beHindert und BeHinderung statt einfach behindert oder Behinderung zu schreiben. Spätestens seit der UN Behindertenrechtskonvention sollte man den Unterschied zwischen Behinderung und Beeinträchtigung kennen und wissen das Behinderung durch Barrieren entsteht. Ich denke das große H ist im Wort „behindert“ eine überflüssige Barriere, im Gegensatz zum gendern, wo der _ oder das * eine positive Funktion haben. Wenn mensch konsequent zwischen Beeinträchtigung und Behinderung unterscheiden würde, würde der soziale Charakter von Behinderung klar genug. Leider wurde dies im Buch nicht gemacht.
Ich kann das Buch „Hot, Wet & Shaking.“ von Kaleigh Trace nur empfehlen!

 

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