Agnes, Ida, Max und die anderen: NS-„Euthanasie“ und Südtirol:

Am 15. November 2018 erschien bei Edition Alphabeta Verlag das Buch Agnes, Ida, Max und die anderen: NS-„Euthanasie“ und Südtirol: Vergessen und Erinnern. Herausgeberinnen sind Elisabeth Malleier und Marlene Messner. Das Buch Agnes, Ida, Max und die anderen: NS-„Euthanasie“ und Südtirol: Vergessen und Erinnern ist im Rahmen einer Tagung die am 20/21 April 2018 stattfand und die die Erinnerung an Agnes, Ida, Max und die anderen Südtiroler Opfer der NS-Euthanasie wachhalten soll.

Im Vorwort geht Marlene Messner darauf ein, mit welchem Anliegen die Tagung stattgefunden hat, nämlich offen für alle zu sein und trotzdem mit wissenschaftlichem Anspruch und dem Ziel die individuelle und kollektive Erinnerung anzuregen. Der Ort, wo die Tagung stattfand, ist ein Ort für Erwachsenenbildung in Meran. Marlene Messner geht auch auf die Verschiedenen Gruppen ein die im Publikum der Tagung saßen und sie weist daraufhin das in Südtirol noch keine Arbeit mit den Angehörigen der Euthanasie Opfer stattgefunden hat und dass die Tagung ein Auftakt dazu sein sollte.

Es folgt ein Beitrag von Aldo Mazza vom Verlag, in dem das Buch erschienen ist mit dem Titel „Ausmerzen“. Die Amnesie der Psychiatrie. Er geht kurz auf den Begriff Ausmerzen ein, der aus der Schafzucht stammt und die jedes Jahr im März stattfindende Aussonderung der vermeintlich für den Almauftrieb zu schwachen Schafe aus der Herde beschreibt. Dann geht Aldo Mazza auf die Ereignisse vom 21. April 1945 ein. Wenige Tage vor Kriegsende wurden in einem kleinen Dorf in Niederösterreich sechs Menschen getötet, fünf davon kamen aus verschiedenen Südtiroler Dörfern. Aldo Mazza nennt die Gründe die die Faschisten nannten um ihr Euthanasie Programm zu rechtfertigen. Aldo Mazza geht auch auf andere Opfergruppen ein, die in anderen Mordprogrammen der Faschisten ermordet wurden, er geht noch auf die Tagung und Zusammenarbeit mit dem Verlag. Er fordert aber auch in der Gegenwart ein waches Auge auf die Psychiatrien zu haben.

Der nächste  Beitrag  sind  einleitenden Worte zum Tagungsband von Elisabeth Malleier sie beschreibt darin die Verwobenheit ihrer Südtiroler Familie In die NS Verbrechen sowohl als Täter aber auch als Opfer so war ist der Bruder ihrer Oma durch Euthanasie ermordet worden sie beschreibt wie sie das zufällig erfährt ihre Recherchen danach und wie es dann zu der Tagung kam deren Beiträge Grundlage für dieses Buch sind und sie schreibt davon wie sie veranlasste das in Hohenberg in Österreich eine Gedenktafel an die Opfer der Euthanasie angebracht wurde. Die dort gehaltene Rede an die Mordopfer bildet den Abschluss dieses Buches.

Es folgt die Eröffnungsrede der Tagung auch gehalten von Elisabeth Malleier schreibt das diese Tagung nicht die erste Tagung in Südtirol zum Thema Euthanasie ist und zählt dann einige der vorherigen auf und geht dann auf Euthanasie Aktion T4 und die sog. wilde Euthanasie ein und wie davon Südtiroler*innen betroffen von der T4 Aktion wurden Erwachsene Südtiroler*innen zurückgestellt, Elisabeth Malleier schreibt um die sog. Option die Umsiedlung Volksdeutscher Südtiroler*innen nicht zu gefährden. In der Phase der wilden oder dezentralen Euthanasie  wurden dann aber auch Südtiroler*innen ermordet. Elisabeth Malleier schreibt auch über die Kinderfachabteilungen für Südtiroler Kinder, galt die Zurückstellung nicht sie wurden in diesen Kinderfachabteilungen ermordet, auch die Kinder, zu deren Ehren die Konferenz stattfand und die im Titel des Buchs erwähnt werden. Elisabeth Malleier schreibt auch über die sog. Asozialen der Bruder ihrer Oma wurde von den Faschisten so klassifiziert und deshalb ermordet. Leider “vergisst “ Elisabeth Malleier  bei ihrer Aufzählung wer zu dieser Gruppe der Verfolgten gehört Sexarbeiter*innen oder solche Frauen die der Sexarbeit verdächtigt wurden, was mehr als ärgerlich ist.

Der erste Fachbeitrag der Tagung von Paolo Francesco Peloso mit dem Titel Psychiatrie und Faschismus in Italien Untertitel “Folia antifascist” und der Krieg im Inneren ist der nächste Beitrag im  Buch Im ersten Abschnitt dieses Beitrags geht es darum wie die große Mehrheit der Psychiater in Italien den Faschismus begrüßte aber auch darum das die Zahlen der in Psychiatrien  internierten Personen um 60% Anstieg 1926 und 1941 von 60000 auf 96000. Zu einem gewissen Teil waren es auch politische Gegner*innen die in Psychiatrien weggesperrt wurden, deutet die Scheindiagnose wie antifaschistischer Wahnsinn hin. Gesondert wird kurz auf in Psychiatrien internierte Frauen hingewiesen, die im Faschismus noch einmal verstärkt sexistisch-psychiatrischer Verfolgung ausgesetzt waren. Im zweiten  Abschnitt geht es um Psychiatrie, Faschismus und Eugenik in Italien. Paolo Francesco Peloso weist glaubhaft nach dass es im italienischen Faschismus keine Euthanasieprogramme gab. Im dritten Abschnitt mit dem Titel Psychiatrie, Faschismus, Rassismus in Italien in diesem Abschnitt wird darauf eingegangen das in Italien die Faschisten den antisemitischen Rassismus erst sehr spät ins staatliche Handeln einbezogen, erst so ab 1938 vorher war der kolonial-rassistische Rassismus die bestimmende Form des Rassismus in Italien. Mit der Besetzung durch die Wehrmacht verschlechterte sich die Situation von Jüdinnen und Juden massiv, so wurden auch jüdische Menschen, die in Psychiatrien saßen, deportiert. Im vierten Abschnitt als Fazit zieht der Autor den Schluss, dass es nach der Besetzung durch die Wehrmacht kam es zum großen Bruch zwischen Psychiaterinnen und Psychiatern und dem Faschismus in Italien. Der Beitrag von Paolo Francesco Peloso hat mich ab Abschnitt zwei etwas irritiert. Nach meinem Eindruck soll der Beitrag vermitteln, dass der italienische Faschismus nicht so schlimm war, wie der Deutsche was auch stimmt, denn keine Form des Faschismus hat industriell organisiert so viele Menschen ermordet wie der deutsche Faschismus. Aber das weis man ja und auf dieser Konferenz ging es ja um das Andenken an die Opfer der Euthanasie in Südtirol. Derselbe Beitrag ist als nächstes noch einmal auf Italienisch abgedruckt.

Der nächste Beitrag von Stefan Lechner geht der Frage nach ob von allen Phasen der Euthanasie Südtiroler*innen betroffen waren, um dieser  Frage nachzugehen, geht Stefan Lechner kurz auf die sog. Option ein die Option war ein Umsiedlungsprogramm zwischen den faschistischen Regierungen Deutschlands und Italiens was zum Ziel hatte das Volksdeutsche Südtiroler*innen ins Deutsche Reich umsiedeln sollten, erst wollten die Deutschen Faschisten, Behinderte Personen und sog.  Asoziale gar nicht aufnehmen, dass setzten die Italiener durch. Stefan Lechner stellt fest das Südtiroler*innen die schon vor der Optionslösung  nach Deutschland oder Österreich auswanderten von den T4  Tötungsaktionen betroffen waren  diejenigen  die nach dem Abkommen auswanderten erst einmal verschont wurden das galt aber nicht für Kinder und auch nicht für die Phase der sog. dezentralen Euthanasie. Stefan Lechner geht auch der Frage nach inwieweit  die Südtiroler*innen schon in Südtirol von den Euthanasiemorden wissen konnten und er stellt fest sie konnten es wissen.

Selma Karleger geht sehr empathisch in ihrem Beitrag dem Schicksal von neun Kindern nach, die teils über Zwischenstationen nach Kaufbeuren in Bayern kamen und dort ermordet wurden an ihnen wurden medizinische Versuche  durchgeführt. Lukas Hoscher  geht dem  Schicksal eines zehnten Kindes auf den Grund, das ebenfalls in Kaufbeuren ermordet wurde.

Im  Beitrag von Karin Flatz  geht es um die Installation  ohne Titel der Künstlerin  die während der Konferenz gezeigt wurde und um Kommentare von Besucher*innen. die diese an der Installation anbringen konnten.

Andrea Sommerauer beschäftigt sich  in ihrem Beitrag mit Gedenkkulturen und deren Wandel in Nordtirol spannend finde ich hier wie schwer der Umgang damit fällt ob Namen genannt werden sollen oder nicht für mich stellt die Frage sich nicht  für mich ist klar ein würdiges Gedenken  braucht die Namensnennung. In einer Gemeinde werden nur die Vornamen genannt was ich etwas zweifelhaft finde da die heute lebenden Menschen mit Lernschwierigkeiten immer noch um Anerkennung ringen  und dazu gehört das sie nicht als einzige in einer Runde von Erwachsenen Menschen geduzt werden wollen, deshalb halte ich es nur Vornamen zu nennen, nicht gerade für eine ideale Form des Gedenkens. Der Beitrag zeigt, dass es noch viel zu tun gibt. Im Beitrag von Bernhard Glitschtaler geht es um die Lange verdrängten Euthanasie Opfer aus dem Kärntner Gailtal  und die sich langsam  entwickelte Gedenkkultur dabei geht er auch auf den Aspekt ein welche Rolle  dabei gespielt hat das Täter und Opfer oft Nachbar*innen waren.

Der Beitrag von Sibylle von Thiedemann beschäftigt sich mit dem Münchner Gedenkbuch und der Erinnerungsarbeit mit Angehörigen, auch hier spielt der Aspekt wie umgehen mit der Namensnennung eine erhebliche Rolle.

Der vorletzte Beitrag ist die Rede von Hans Heiss bei der Gedenktafelenthüllung   am 15. April 2018 in Hohenberg an diesem Ort wurden  5 behinderte Menschen  ermordet.  Hans Heiss geht dabei als offizieller Vertreter Südtirol bei dieser Gedenkfeier  auf die  Gemengelage ein die durch die Option für behinderte Menschen entstand aufschlussreich ist dabei  welche Interessen die verschiedenen  Faschisten Vereinigungen  hatten  die Italiener  wollten  die  behinderten  Menschen loswerden  ebenso  die deutschen  Faschisten in Südtirol die damit  spezifischen deutsch  südtiroler Volkskörper reinigen wollten und immer hofften  das Südtirol Heim ins  Reich geholt wird und sie nicht umsiedeln müssen und dann die Deutschen Faschisten die die Behinderten Menschen  nicht im Reich haben wollten.

Der letzter Beitrag ist die Rede, die Elisabeth Malleier ebenfalls im Gedenken an die fünf Ermordeten gehalten hat. Das Buch Agnes, Ida, Max und die anderen ist eine Empfehlung, aber keine leichte Lektüre.

https://inklusion-statt-integration.de/euthanasie-verbrechen-im-besetzten-europa-eine-rezension/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert