Am 2. Dezember 2024 in der Raetia Edition das Buch Total behindert Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft der Autorin Mareike Sölch. Mareike Sölch zeigt am Beispiel Südtirols, wie viel sich bewegen muss, damit alle Menschen gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben können. Die Autorin widmet sich verschiedenen Themen, die für behinderte Menschen in Südtirol aber auch anderswo wichtig sind. und sich ändern müssen. 13 Kapitel, die mit einer Frage im Titel starten, bilden den Kern des Buches, die Grundlage dieser Kapitel sind Gespräche, die die Autorin mit zahlreichen behinderten Aktivist*innen geführt hat. Die behinderten Menschen zeigen auf, was wirkliche Inklusion und Barrierefreiheit bedeuten und was sie brauchen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Das Buch möchte Fragen beantworten. Am Ende jedes Kapitel wird den Leser*innen der/die Haupt Gesprächspartner*in in einem kurzen Text und vorgestellt, meist gibt es noch einen QR-Code mit einem kurzen Video zur betreffenden Person. Ausführliches Interview mit der Aktivistin und Autorin Laura Gehlhaar. In der Einleitung zum Buch schreibt Mareike Sölch schreibt Inklusion sei ein schönes Wort und eine noch schönere Vision, sie schreibt auch, wie Inklusion Inklusion durch Entleerung zu einem Schmuckwort verkommen ist.und sie stellt die These auf das Inklusion eine Gesellschaftliche Illusion sei, um dann allgemein kurz darzustellen, was alles schief läuft. was ich gut finde ist das sie den Unterschied zwischen Beeinträchtigung und Behinderung beschreibt denn diese Begriffe sind nicht gleichzusetzen denn Beeinträchtigung beschreibt nur die körperliche oder mentale Seite z.B. den fehlenden Arm zur Behinderung wird der fehlende Arm erst durch gesellschaftliche Barrieren. Im ersten Kapitel widmet sich die Autorin der Frage: Werden Menschen mit Behinderung gleich behandelt? Dann schreibt die Autorin, es gibt 50000 behinderte Menschen in Südtirol, das sind 10% der Bevölkerung, dann nennt sie noch eine Zahl, wie viele Behinderungen angeboren sind. Sie schreibt von einem Drittel, was mir sehr hoch erscheint, in Deutschland sind es 3 Prozent der Beeinträchtigungen, die angeboren sind. Des Weiteren schreibt sie noch, dass Südtirol 2007 die UN Behindertenrechtskonvention anerkannt hat und sie weist darauf hin, wie deren Umsetzung kontrolliert wird und warum es wichtig ist, dass behinderte Menschen gleichberechtigt sind und sie definiert kurz, was Ableismus ist.
Das 2. Kapitel stellt die Frage: Welche Sprache und welche Begriffe für Menschen mit Behinderung sind ok,welche nicht im zweiten Kapitel ist ihr Haupt Gesprächspartner Roland Mores das Kapitel fängt mit einer Anekdote an, Roland Moers erzählt von einer Situation, in der er beleidigt wurde. Dann wird gefragt ob mensch das Wort behindert noch sagen darf und gut begründet warum die Antwort ja ist, leider weicht die Autorin danach mit Verweis auf einige Aktivist*innen die Differenz zwischen Behinderung und Beeinträchtigung wieder auf, ich teile diese an Verwischung ausdrücklich nicht, ich finde eine klare Differenzierung wichtig. Leider wird auch nicht darauf hingewiesen, dass die Formulierung behinderte Menschen auch legitim ist, die beste Formulierung ist laut Autorin Menschen mit Behinderung. Zu Recht wird noch auf Formulierungen und Metaphern die zu vermeiden sind hingewiesen z.B an den Rollstuhl gefesselt, Handicap oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen und es wird auf misslungene Werbekampagnen hingewiesen.
Im 3. Kapitel geht es um Barrierefreiheit und was in Südtirol noch so zu tun ist bei diesem Thema gesprochen hat die Autorin mit fünf Aktivist*innen über die verschiedenen Formen von Barrieren dabei gibt es deutliche Parallele zu Deutschland, die Erkenntnis für die Leser*innen sollte sein (wenn sie es nicht schon wussten) dass Barrierefreiheit nicht nur rollstuhlgerecht heißt.
Das Thema des 4. Kapitels ist die Frage danach, welche Aussagen und Annahmen sind nicht ok? Die erste Feststellung ist, dass oft über statt mit Menschen geredet wird welche Auswirkungen das hat darauf geht die Autorin ein die Autorin setzt sich mit den zwei häufigsten Narrativen über behinderten Menschen auseinander Held oder Opfer der zweite Punkt über den die Autorin mit der Aktivist*in mit Anna Faccin spricht, wie übergriffig es sein kann, wenn immer alle erwarten, dass behinderte Menschen über alles, was ihre Beeinträchtigung angeht, Auskunft geben müssen. In diesem Absatz fällt leider die Aussage, dass ja auch kleine Menschen nicht immer gefragt werden, warum sie so klein sind. Diese Aussage ist ignorant denn Menschen die kleiner als der Durchschnitt sind werden das durchaus gefragt weis ich aus eigener Erfahrung (bei mir ist die Größe 1.59 m durch die Beeinträchtigung bedingt aber da ich Läufer bin fällt nur meine Größe als anders auf und das obwohl ich nicht kleinwüchsig bin) die Autorin spricht auch darüber dass behinderte Menschen zu den Anderen gemacht werden und keine Gruppe so Abseits stehen würde ich finde diese Aussage schwierig denn es hilft uns nicht weiter immer wieder zu behaupten, es ginge uns schlechter als allen anderen diskriminierten Bevölkerungsgruppen in diesem Kapitel wird auch darauf hingewiesen, dass sich behinderte Menschen, um benötigte Hilfeleistungen zu bekommen, immer wieder alles offen legen müssen, dieser Punkt ist ein riesen Problem, trifft aber z.B. auch Arbeitslose die Unterstützung benötigen, Diese Schikane des Staates ist aus meiner Sicht ein Punkt an dem Soziale Kämpfe gemeinsam geführt werden sollten. Als letztes in diesem Kapitel geht die Autorin auf das Phänomen ein, dass behinderte Menschen sehr oft als Inspiration herhalten müssen.
Im 5. Kapitel widmet sich die Autorin dem in Deutschland hochgelobten Südtiroler Schulsystem aus Deutscher Sicht ist es fast das Inklusionsparadies es gibt keine Sonderschulen in Klasse Klasse wo behinderte Schüler*innen sind ist ein*e Lehrperson für Integration die ist aber für die ganze Klasse zuständig und nicht nur für die behinderten Schüler*innen diese und ein*e Regelschullehrer*in beide halten de Unterricht die Lehrperson für Integration berät die anderen Lehrer*innen und kümmert sich um spezielle Materialien.desweiteren kümmer diese Person sich um die differenzierten Lehrpläne des weiteren gibt es noch Mitarbeiter*innen für Inklusion (in Deutschland Schulhelfer) für die einzelnen behinderten Schülerinnen strukturell scheint es perfekt Personalmangel daraus folgende verkürzte Stundenpläne für behinderte Schüler*innen und systematisches weg beraten durch manche Oberschulen sind leider Alltag, also weit weg von echter Inklusion.
Im Kapitel 6 wird durch die Autorin die Frage gestellt, warum behinderte Menschen in der Gesellschaft sichtbarer sein müssen. Dabei verweist die Autorin auf die Vereinigungen zur Selbstvertretung behinderter Menschen in Südtirol weist aber auf mangelnde Sichtbarkeit und Einfluss hin um dann auf Martin Telser der sich bei der Landtagswahl hatte aufstellen lassen zu sprechen zu kommen und es wird der Eindruck vermittelt wäre er gewählt worden wäre Automatisch alles besser für behinderte Menschen diese Argumentation ist mir zu verkürzt, dann geht es auch noch darum, wie Eltern und Angehörige in ihrer Sichtbarkeit gestärkt werden können.
Im 7. Kapitel geht es darum warum es nicht die alleinige Aufgabe von behinderten Menschen sein kann auf ableistische Diskriminierung hinzuweisen.
Im 8. Kapitel geht es um die Katastrophale Situation von behinderten Menschen beim Thema Arbeit und dabei um Ausbeutung in Werkstätten die Schilderungen lassen die Vermutung zu das es sogar ein Stück Weit schlimmer ist als in Deutschland.
Nach dem 8. Kapitel folgt ein Interview mit der Deutschen Aktivistin Laura Gehlhaar zu verschiedenen Aspekten ihres Aktivismus sehr lesenswert danach kommt ein kurzer Diskurs zu behinderten Menschen und der Covid 19 Pandemie
Im Kapitel 9 geht es um selbstbestimmtes Leben in einer eigenen Wohnung.Interessant aus aktivistischer Sicht war für mich die Südtiroler Debatte zu Persönlicher Assistenz denn dieses Modell ist leider sehr unterentwickelt einer der Gründe hierfür scheint zu sein das keine Assistenzdienste existieren die das anbieten das bedeutet das es nur das sogenannte Arbeitgebermodell gibt bei dem die behinderten Menschen die Assistent*innen anstellen und alle Pflichten der Arbeitgeber*innen selbst übernimmt, was als sehr bürokratisch dargestellt wird, vor allem scheint es ein ständiger Kampf um die nachträgliche Refinanzierung der Leistung durch den Staat geht. Der Kampf um Refinanzierung ihrer Assistent*innen in diesem Modell der Assistenz führen auch Menschen in Deutschland die Assistenz nutzen aber in Deutschland geht es aber eher darum das sog. Arbeitgebermodell gegenüber dem Assistenzdienst basierten zu erhalten und nicht darum das Assistenzdienst basierte Modell erst einmal zu erkämpfen wie in Südtirol.
im Zehnten Kapitel wird die Frage auf geworfen ob mehr über Diskriminierung gesprochen werden sollte und es werden Formen diskutiert wie Diskriminierung am besten Thematisiert wird.
Kapitel 11 beschäftigt sich mit dem Thema Sexualität und welchen Vorurteilen behinderte Menschen dabei Ausgesetzt sind neben dem Thema das behinderten Menschen sehr oft Sexualität komplett abgesprochen wird und welche Vorurteile auf behinderte Eltern einwirken geht es um Sexualassistenz und Um Sexualbegleitung
https://inklusion-statt-integration.de/sexualbegleiterinnen-und-die-teilhabe-behinderter-menschen/
In Deutschland und in eingeschränkter Form auch in Österreich ist diese Form der Sexarbeit erlaubt, in Südtirol ist sie wie in ganz Italien nicht legal bei aller Kritik die ich an dieser Sonderform der Sexarbeit habe zeigt der Abschnitt das die Behindertenbewegung mehr Sichtbarkeit beim Kampf gegen das Nordische Modell das faktische Sexarbeitsverbot in Deutschland zeigen sollte. Das Kapitel 12 in dem auch der Spätabbruch von Schwangerschaft diskutiert wird ist aus meiner Sicht massiv verkürzt genau so wie Kapitel zu den Ursachen zu den historischen Ursachen von Ableismus.Das Buch Total behindert ist mit Abstrichen eine Empfehlung wert weil vor allem nicht-behinderte Menschen können nicht genug Literatur im Regal stehen haben von behinderten Autor*innen oder wo behinderte Menschen zu Wort kommen.