beziehungskunst: Identität und Sexualpädagogik in der Waldorfschule

„beziehungskunst: Menschlichkeit, Identität und Sexualpädagogik in der Waldorfschule.“ erschien 2022 bei „edition waldorf“ dem Verlag der Pädagogischen Forschungsstelle des Bundes der Freien Waldorfschulen in Stuttgart. Bereits 2023 erschien die zweite überarbeitete Auflage. Meine Perspektive auf dieses Buch ist die eines Anthroposophie-kritischen Ex Waldorfschülers. Ich bin männlich, weiß, hetero cis endo und behindert. 
Der Verlag schreibt auf dem Klappentext des Buches „beziehungskunst“: In diesem Buch geht es um viele Arten von Liebe, um Geschlecht, Gender und Gerechtigkeit. Wir wollen zeigen, wie junge Menschen von Beginn an auf ihrer biografischen Reise einfühlsam und altersgerecht beraten und begleitet werden können. Ein Anliegen der Waldorfpädagogik ist die lebensbejahende Menschwerdung aller Schüler:innen. Zu ihr gehört die Fähigkeit, mit sich selbst und anderen erkennend und liebevoll umgehen zu können: die Beziehungskunst.” 
Das Buch hat 17 Kapitel wovon das erste die Einleitung ist und das siebzehnte – Informationen zu den verschiedenen Autor*innen enthält. Besser wäre es aus meiner Sicht gewesen die Informationen zu den Autor*innen direkt vor dem ersten Beitrag des/der jeweiligen Autor*in zu stellen. Als angebracht wäre, meines Erachtens die Eigenpositionierung der Autor*innen zum Thema Gender gewesen weil dann gleich sichtbarer würde aus welcher Perspektive in den einzelnen Beiträgen argumentiert wird. Gut tun würde dem Buch beziehungskunst: Menschlichkeit, Identität und Sexualpädagogik in der Waldorfschule eine Literaturliste am Ende des Buches, damit würde dann noch deutlicher als durch die Fußnoten, wie oft sich von einigen Autor*innen auf progressive Forschung bezogen wird und nicht nur anthroposophische Schriften verwendet wurden. 
Im ersten Kapitel, des Buches beziehungskunst Menschlichkeit, Identität und Sexualpädagogik in der Waldorfschule. schreibt Sven Saar im Vorwort, mit dem Titel „Menschlichkeit Identität und Sexualpädagogik“ in einem Zitat über das Ziel von Waldorfschule: “…Junge Menschen dazu befähigen, ein glückliches Leben zu führen – das ist doch die Hauptsache…”, um dann darüber zu schreiben, dass Glück und Freiheit Ideale sind, die nicht passiv erreicht werden können, sondern sie zu erreichen eine aktive Lebensaufgabe ist. Sven Saar schreibt davon, dass es gilt, sich von gesellschaftlichen Schranken, persönlichen Unzulänglichkeiten, kulturellen und familiären Restriktionen zu befreien. Aus meiner Sicht ist es ein zu individualistisches Verständnis, wenn dies alles durch das einzelne Individuum geleistet werden soll, alleine unterstützt durch Erziehung, die Selbstvertrauen, soziale Kompetenz und Empathie fördern soll. Privilegien und Machtstrukturen in der Gesellschaft  müssen aus meiner Sicht  mitgedacht werden.
Dass Sven Saar aber davon schreibt, dass alle Menschen bei Geburt erst einmal behindert sind, auch wenn er “behindert” in Anführungszeichen gesetzt hat, halte ich für problematisch. Denn behinderte Menschen sind laut der UN-BRK (Behindertenrechtskonvention) Menschen, die körperliche -, seelische – , kognitive – oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs – oder umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. 
Sven Saar schreibt über die Motive für das Entstehen des Buches, dass der erste Impuls gewesen sei, das Buch „Sexualpädagogik in der Waldorfschule“ neu aufzulegen. Relativ schnell fand sich für dieses Anliegen eine Gruppe, die sich aber dafür aussprach, dass eine Neuauflage zur Thematik nicht ausreicht, sondern ein solches Buch einen anderen Fokus benötigt, durch den der gesellschaftliche Wandel abgebildet werden würde. 
Auch auf die Bedeutung von Sprache für das Buch beziehungskunst: Menschlichkeit, Identität und Sexualpädagogik in der Waldorfschule. wird eingegangen und betont, dass sich Sprache im Wandel befindet, die Erklärung, weshalb im Buch konsequent gegendert wird, ist dabei sehr gelungen. Für weniger gelungen halte ich jedoch deren Umsetzung. Denn es wird mit einem, eigens von den Autor*innen gestalteten Doppelpunkt gegendert. Dieser besteht aus zwei übereinander liegenden Dreiecken. Zur Barrierefreiheit trägt diese Neuschöpfung nicht bei. Denn dieser „Dreiecks Doppelpunkt“ ist auch keine unter LGBTIAQ* Personen gebräuchliche Form. Außerdem stößt bereits der Doppelpunkt in der LGBTIAQ* Community nicht auf besondere Gegenliebe. Darüber hinaus ist laut dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband die Verwendung des Doppelpunktes nicht das barriereärmste Sonderzeichen, siehe dazu: https://www.dbsv.org/gendern.html. Ohne Sonderzeichen zu gendern ist für mich nur eine Alternative, wenn nach Hermes Phettberg entgendert wird, siehe dazu: https://te.ma/art/kl89dy/kronschlaeger-entgendern-phettberg/
Im zweiten Kapitel, mit dem Titel “So könnte es weitergehen …” –  Was sich eine junge Waldorflehrer*in wünscht”, schreibt Laura Frey, wie sie 2017 eine 6. Klasse an der Waldorfschule Basel übernahm und diese vier Jahre unterrichtete. Dabei stellte sich für sie die Frage, wie sie ihre Klasse angemessen sexualpädagogisch aufklären könnte. Sie konnte dabei auf das an der Schule bereits angewandte Sexualkundekonzept, welches die Qualität im Unterricht sichern sollte, zurückgreifen. Dieses Konzept, das als „Beziehungsepoche“ bezeichnet wurde, wurde 2006 von 30 Waldorfschulen aus der Schweiz und Liechtenstein durch Kollegien, zusammen mit Eltern und Schüler*innen entwickelt. Das Konzept der Beziehungsepoche hat den Anspruch, die körperlichen, geschlechtlichen, seelischen, sozialen,  gesellschaftlichen  und geistigen Aspekte der menschlichen Sexualität zu verbinden und den Schwerpunkt nicht nur auf Prävention, Risiken und Probleme zu legen  es geht vielmehr darum, Beziehungsfähigkeit zu fördern und so zu einer verantwortungsbewussten Haltung zu Sexualität beitragen. Die klassische Sexualkunde ist an Waldorfschulen in der 8. Klasse angesetzt. Laura Frey berichtet weiter, dass die Vorbereitung auf diese Epoche, welche sie gemeinsam mit einer Hebamme durchführte, bei ihr zu einer Auseinandersetzung mit diesem Konzept, verbunden mit der Frage, ob dieses noch zeitgemäß sei, führte. 
Zur gleichen Zeit kam ein transidenter Schüler (ein*e Jugendliche*r dem bei Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde, das soziale Geschlecht ist aber männlich) in die Klasse. Dass Laura Frey nicht von einem Transjungen spricht, der in die Klasse kommt, sondern von einer Schülerin, die sich als Junge fühlt, halte ich für schwierig, weil Transjungen sind Jungen und immer waren. In der Folge beschreibt Laura Frey, was die Aufgabe von Lehrer*innen ist es nämlich, Jugendliche bei der Identitätssuche empathisch zu begleiten und, wichtiger Hinweis, es darf nicht die Empfindung der Mehrheit zur Norm erklärt werden. Dabei weist Laura Frey Vorwürfe, es gehe bei Geschlechtersensiblen Umgang darum, Heterosexualität abzuschaffen, zurück Laura Frey. Es werden auch Überlegungen angestellt, wie beispiels-weise einzelne Aspekte von Sexualität außerhalb einer Sexualkundeepoche in den Unterricht integriert werden könnten, z.B. Homosexualität in die Griechenland Epoche der 5. Klasse. Laura Frey stellt zurecht fest, dass eine Beschäftigung mit Sexualität in der 7. oder 8. Klasse nicht ausreicht, sondern Kinder altersgemäß konstant begleitet werden müssen. Ihre Erklärungen, warum Steiner die Auseinandersetzung mit Sexualität auf das 14 Lebensjahr gelegt hat und warum ihre Überlegungen es heute zu Tage anders machen, trotzdem durch Steiner gedeckt sind, erscheinen mir plausibel. Was ich bei Laura Freys Vorgehen gut finde ist, dass sie ihre Schüler*innen vor der Beziehungsepoche mit einbezogen hat und gefragt hat, welche Fragen sie zu Sexualität haben. 
Im 3. Kapitel mit dem Titel „Anthroposophische Ideen verstehen und weiterdenken” von Michael Zech, ist mir nicht klar, was der Autor will. Er leitet das Kapitel mit einem biographischen Abriss zu Magnus Hirschfeld ein nur um dann zu sagen das es bei Steiner auch Aussagen zu Geschlechtlichkeit des Menschen gibt es aber Rudolf  Steiner im Unterschied zu Hirschfeld nicht um Aufklärung und Lebenspraxis geht sondern um dem kosmisch evolutionären Zusammenhang. Michael Zech gibt darüber hinaus Tipps, wie Steiners Aussagen rezipiert werden sollten: nämlich nicht dogmatisch und wörtlich, sondern als Anregung. Michael Zech macht außerdem auf Stellen im Werk Steiners aufmerksam, wo es um Geschlechtlichkeit geht. In dem dazu als Fußnote angeführten Text aus der „Akascha Chronik“ spricht Rudolf Steiner davon, dass der Mensch zu Beginn seiner Menschheitsentwicklung ursprünglich zweigeschlechtlich gewesen sei. Michael Zech schreibt selbst, dass es dafür keine wissenschaftlichen Belege gibt. Bei anderen Zitaten von Steiner, auf die Michael Zech verweist, sagt Michael Zech selbst, dass sie bei wörtlicher Rezeption sogar Zweigeschlechtlichkeit zementieren und dann heute nicht mehr haltbar sind. Michael Zech sagt aber auch, wenn man Rudolf Steiner richtig rezipiert, kann mensch nur zu dem Schluss kommen, dass Intergeschlechtlichkeit und Transgeschlechtlichkeit existieren. Mit der Auswahl der Zitate tut Michael Zech sich und dem Anliegen des Buches keinen Gefallen, was ich aber noch für viel problematischer halte er schadet  Inter- und Transmenschen.
Im 4. Kapitel mit dem Titel „Geschlecht trifft uns alle!“ von Lea Deffner wird einleitend die Frage gestellt, ob die Anthroposophie heute überhaupt so Individualitätsfördernd und Vielfaltsoffen ist wie es ihre Vertreter*innen eigentlich gerne hätten. Ihr Beitrag will das in Bezug darauf klären, was das alles mit Geschlecht zu tun hat. Unter 1 Begriffsklärung bezieht Lea Deffner sich auf Rudolf Steiners Ausführungen zu „Individualität und Gattung“ aus der Philosophie der Freiheit, um dann auf folgende Punkte näher einzugehen, auf was es beim Thema Geschlecht ankommt: 
  1. Begriffserklärung : Bedeutung von Geschlecht 1.1 Mann und Frau, 1.2 Geschlecht allgemein, 1.3 Zur reproduktiven Differenz der Geschlechter 1.4 zur Entstehung der Geschlechter 1.5 Zur gesellschaftlichen Bedeutung von Geschlecht, 2. Bildung: Prävention von Gewalt 2.1 Zur strukturellen Gewalt 2.2 Zur gewaltvollen Binarität des Systems 2.3 Zum Handlungsort Schule 2.4 Sexualpädagogik   3. Haltung: Symbiose von Theorie und Praxis 3.1 Das System ist das Problem! 3.2 Privilegien reflektieren! 3.3 Machtverhältnisse wahrnehmen! 3.4 Kommunikation üben! 3.5 Deutungshoheit wahren! 3.5 Sprache ist Handlung!  4. Fazit.
 Den umfangreichen Aussagen und Erläuterungen zu diesen Punkten ist aus meiner Sicht, voll zuzustimmen. Schade finde ich, dass Lea Deffner nicht wirklich deutlich sagt, dass Waldorfschulen noch viel zu tun haben, um wirklich Schulen der Individualität, Vielfalt und Freiheit zu werden. Aus meiner Sicht reicht es nicht, Schule der Vielfalt zu sein, sondern wir brauchen eine Schule der Inklusion. Problematisch finde ich, dass sich Lea Deffner bei ihrem kurzen Bezug auf Steiner in dem Abschnitt „Individualität und Gattung“ nicht von dem von Steiner in dem Kapitel verwendeten Begriff der Rasse distanziert. 
Im 5. Kapitel mit dem Titel „Das Kollegium sensibilisieren“ beschreibt Petra Hamprecht-Krause die Arbeit, welche von ihr und anderen Kolleg*innen bereits angestoßen wurde, um ihr Kollegium zu den Themen Beziehung, Gender und Sexualität zu sensibilisieren. Das aufgeführte Material, hauptsächlich die Fragebögen, können aus meiner Sicht sehr gut zum Einstieg in die Thematik genutzt werden. Zwei Anmerkungen hätte ich: 1. In einem der Fragebögen steht die Frage “Was die ersten drei Buchstaben bei LGBTTIQ beschreiben. Die Antwortmöglichkeiten, welche dazu gegeben werden, sind:
  • die sexuelle Identität /Orientierung
  • das soziale Geschlecht
  • die heterosexuelle Norm 
  • das biologische Geschlecht 
  • Homosexualität 
Die vermeintlich richtige Antwort, welche anzukreuzen wäre, ist: sexuelle Identität / Orientierung. Das ist jedoch falsch, denn die ersten drei Buchstaben stehen nur für sexuelle Orientierung.

2. Ich denke, in jedem und nicht nur in einigen Schulfächern muss, spätestens ab der Mittelstufe, Offenheit gegenüber der Genderthematik vorhanden sein und didaktisch sinnvoll bearbeitet werden. 

In Kapitel 6. Mit dem Titel „Zur Bedeutung von Sexualität und Geschlechtlichkeit im ersten Jahrsiebt” beschreibt Elke Rüpke ausführlich die sexuelle Entwicklung von Kindern der 1. Sieben Jahre, also für die meisten Kinder bis zum Schuleintritt. Auch wenn mir das Konzept, in Jahrsiebten zu denken, wie es Anthroposophie/Waldorfpädagogik macht, zu starr erscheint, stellt sich mir für das vorliegende Buch die Frage, warum nur das erste Jahrsiebt explizit behandelt wird. Das ist aber nicht Elke Rüpke zuzuschreiben, denn das zweite und dritte Jahrsiebt hätte auch von anderen Autor*innen beschrieben werden können. 
Im 7. Kapitel „Sexualität, Gender und Identität aus Sicht von Waldorfschüler:innen“ wertet Martyn Rawson, mit den Schüler*innen Emilia Chindamo, Levi Oelke und Amelie Schulze  in Co Autor*innenschaft ein Projekt von Waldorfschüler*innen aus Deutschland und China zum Thema Sexualität und Gender aus. Spannend sind dabei vor allem die Gemeinsamkeiten und Forderungen die alle Schüler*innen erheben.  
Im 8. Kapitel mit dem Titel “Das Begleiten eines transidenten Kindes” beschreibt Christian Breme sehr anschaulich, wie eine gute, nicht pathologisierende Begleitung eines transidenten Kindes bzw. Jugendlichen durch Schule gelingen kann. Obwohl klar wird, dass sowohl Christian Breme als auch die in einem Beispiel zitierte Kollegin Transidentität als Tatsache anerkennen, finde ich das gewählte Beispiel des Vorgehens der Kollegin suboptimal. Denn dass ein*e Schüler*in der 8. Klasse sich in der eigenen Identität als ernst genommen wahrnimmt, wenn dafür Matroschka-Puppen für das Bild herangezogen werden, mag dass in der dargestellten Situation geklappt haben, kann aus meiner Sicht aber nicht als allgemein gültig angesehen werden. 
Im 9. Kapitel mit dem Titel “Frau Eickhoff ich fühle mich irgendwie anders” Untertitel “Coming-Out Erfahrungen einer Waldorf-Klassenlehrerin” beschreibt Irene Eickhoff die Situation des Coming-Outs. Dabei ist Irene Eickhoff nicht Außenstehende, sondern als lesbische Frau beschreibt sie auch ihr eigenes Coming Out vor ihrer Klasse. Die Leser*innen erfahren, wie dies dazu führte, dass Schüler*innen im Laufe der Zeit dadurch das Vertrauen hatten, sich ihr gegenüber zu outen. 
Das 10. Kapitel “Leben und Liebe“, Untertitel “Eine Epoche zur Lebens- und Sexualerziehung” von Sven Saar, wird den Aufbau seiner Epoche, die er in der 6. Klasse hält, beschrieben. Das Kapitel macht deutlich, dass ein Bewusstsein für ein offenes Verhältnis zu Geschlecht, Körpern, Sexualität und für Konsens das Ziel  der Epoche ist. 
Im 11. Kapitel “Wahre Bilder” Untertitel „Frau und Mann in Märchen, Mythen, Sagen und Legenden“ behandelt Alexander Hassenstein Rollenbilder in Märchen, Mythen, Sagen und Legenden. Mein Eindruck ist, dass gerade bei Märchen Alexander Hassenstein sehr selektiv ausgewählt hat, um nicht konstatieren zu müssen, dass klassische Märchen meist problematische Rollenbilder beinhalten. 
Ich möchte dazu den Hinweis geben, dass es mittlerweile ein paar gelungene Umdichtungen gibt, auf die zurückgegriffen werden kann oder die als Vorlage dienen können. 
Beim Kapitel 12, Titel “Beziehungskunde für alle” – Untertitel:  „Aspekte zur Haltung der Lehrer*innen oder Begleiter*innen in heilpädagogischen oder Inklusions-Klassen“ widerspricht sich schon der Titel mit dem Untertitel. Denn, wenn es um eine Beziehungskunde für ALLE gehen soll, darf es nicht um Heilpädagogische Sonderklassen gehen. Um solche Klassen in Heilpädagogischen Schulen geht es dann auch sehr viel in diesem Artikel. Dieser Beitrag von Sibylle Raupach erhärtet bei mir den Eindruck, dass es noch keine Konzepte für eine Beziehungskunde für ALLE gibt, in denen dann auch Schüler*innen mit Beeinträchtigungen mitgedacht werden. Dabei dürfte es dann nicht mehr allein darum gehen, was beeinträchtigte Menschen nicht können, sondern es muss auch einen Bewusstseinswandel geben, der bei Schüler*innen ohne Beeinträchtigung dazu führt das Menschen mit Beeinträchtigung als potenzielle Geschlechtspartner*innen wahrgenommen werden. 
In Kapitel 13 wird auf die Implementierung der sog. Beziehungskunde aus Schulärztlicher Sicht eingegangen. 
Im 14. Kapitel  mit dem Titel „Über die Würde der Scham“ schreibt  Christian Breme über die Suche der eigenen Identität in der Pubertät im Speziellen und der Jugend  im Allgemeinen. Er schreibt über Scham und das „beschämt werden“. Dabei geht er auf mehrere  Gruppen von Jugendlichen ein,  die aus seiner Sicht besondere Aufmerksamkeit verdienen. Problematisch finde ich dabei die Überschrift. Denn wenn Breme von “Wie begleiten wir auffällige Kinder und Jugendliche“ schreibt, aber von behinderten/beeinträchtigen Kindern und Jugendlichen die Rede ist, halte ich für ebenso ungeeignet wie die beiden Beispiele, die gebracht werden, um einen nicht beschämenden Umgang zu illustrieren. Im Abschnitt „wie begleiten wir transidente Kinder und Jugendliche“ wird das Bemühen deutlich einen Weg der vollen Akzeptanz ihrer Identität aufzuzeigen. Schade dabei ist meines Erachtens, dass die Formulierungen dazu viel zu vage bleiben. Gleiches gilt für den Abschnitt zu homosexuellen Kindern und Jugendlichen. 
In Kapitel 15 mit dem Titel „Wenn Caspar wirklich Lina ist“, beschreibt Sven Saar aus meiner Sicht ein gelungenes Beispiel, wie das gesamte Umfeld ein transidentes Kind begleiten kann. 
Zum Abschluss, im 16. Kapitel des Buches „beziehungskunst“, zeigt Michael Zech nochmal auf, wie das Thema Beziehungen und Sexualität in den Klassen 1-12 behandelt werden kann. Dieses Mal verrennt sich Michael Zech nicht in absurden und irreführenden Textstellen von Rudolf Steiner, sondern schreibt aus gelebter Praxis.  
Das Buch beziehungskunst: Menschlichkeit, Identität und Sexualpädagogik in der Waldorfschule. kann nach meiner Einschätzung in Waldorfkreisen für das Thema sexuelle Orientierung und Identität sensibilisieren, außerhalb dieser Kreise gibt es meines Dafürhalten bessere und empfehlenswerte Literatur

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert