Im September 2025 erschien das Buch Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung von Autor Karsten Krampitz bei Edition Nautilus. Erzählt wird in diesem Roman die fiktive, auf Fakten basierende Geschichte der „Bruderschaft Hartroda“ auch Krüppel Kommune genannt.
In Arnstadt in Thüringen DDR, Ende der 70er Jahre haben in einem Heim für behinderte Jugendliche vier Freunde keinen Bock mehr auf Heim und beschließen, wir brechen aus, von Rente und Pflegegeld wollen sie sich ihre Pfleger*innen finanzieren. Ein Haus bekommen sie nach ausführlichen Verhandlungen von der evangelischen Kirche, und zwar das alte Pfarrhaus in Hartroda im Altenburger Land, dessen Renovierung wurde im Rahmen eines Sonderprogramms des Staates zur Renovierung von Kirchengebäuden durchgeführt das Geld dafür kam von der westdeutschen EKD.
Gruns, ist im Roman der Intellektuelle Kopf der Kommune und die zentrale Figur in diesem Roman.(Reales Vorbild ist Matthias Vernaldi.) Gruns hat Theologie studiert, so konnten Gottesdienste, aber auch Partys in Hartroda stattfinden, Gottesdienste mussten nicht angemeldet werden, die Partys wurden theologisch eingerahmt.
Hartroda wurde ein Zufluchtsort für Aussteiger aller Art (auch durch den sogenannten Asozialen Paragraf verfolgte Personen fanden Zuflucht in Hartroda dieser Paragraf ist das negativste Kapitel der DDR) die das Leben der kleinen Gemeinschaft teilten oder aber auch oft nur für ein paar Tage hereinschneiten. Die Wohngemeinschaft hatte im Westen ein Kirchliches-Netzwerk an Unterstützer*innen und Spender*innen, was die Spielräume deutlich erweiterte, diese Westkontakte waren wahrscheinlich auch ein Grund, warum der Argwohn der Staatssicherheit geweckt wurde.
Wir erfahren auch dass die behinderten Kommunarden selbst regelmäßig im Westen waren denn, behinderte Menschen genossen schon vor der Rente Reisefreiheit.
In der Kommune von Hartroda gab es legendäre Diskussionen zu Krieg und Frieden, zwischen DDR Bausoldaten und BRD-Wehrdienstverweigerern, die nach West-Berlin geflohen sind und zu Festen der Kommune nach Hartroda kamen. Gruns nutzte seine vehementen Predigten auch, um das Leben im regulierten Staat zu kritisieren: Es ging um menschlichen Anstand, Ehrlichkeit, Freiheit.
Ein spannender Punkt ist auch das bei einem Auszug aus der Kommune ein “gleichwertiger” Ersatz besorgt werden musste das bedeutet das für einen Pfleger oder eine Pflegerin ein Pfleger oder eine Pflegerin einziehen musste noch wichtiger war aber dass für einen Schwerbehinderten Menschen ein Schwerbehinderter Mensch einziehen musste, weil nur diese Pflegegeld und Rente bekamen, denn andere behinderte Menschen waren in die Produktion des sozialistischen Staates eingebunden.
Als Leser*innen erfahren wir noch weiteres aus dem Alltag der Kommune in Hartroda z.B. über Beziehungen und Ehen unter den Bewohner*innen aber auch über Mischpoke eine befreundete Band und über andere underground Bands der DDR und eine Tour durch die Sowjetunion. Die Leser*innen erfahren auch noch einiges über Mozek den Assistenten von Grunds und sein düsteres Geheimnis.
Auch über das Ende der DDR und damit auch das Ende von Hartroda und über Akten der Staatssicherheit zu den Kommunard*innen und ihrem Umfeld wird im Buch gesprochen.
Gruns Versuche die Kommune in das “vereinigte” Deutschland hinüber zu retten schlugen fehl. Im Buch werden auch die ersten Kontakte von Gruns zu Sexarbeiter*innen angedeutet.
Anmerkung von mir, dieses Kapitel wird im weiteren Leben von Gruns eine große Bedeutung haben. Gruns wird eine der bedeutendsten Stimmen für selbstbestimmte Sexualität für behinderte Menschen, setzte sich aber auch für die Rechte von Sexarbeiter*innen ein er war strikt gegen das Nordische Model zur Freier Bestrafung was zwangsweise eine faktisches Verbot von Sexarbeit bedeuten würde. Er hat bis zum Schluss eine kritische Haltung zu Sexualbegleitung einer Sondersparte der Sexarbeit für behinderte Menschen. Auch sein Einsatz für Persönliche Assistenz bleibt unvergessen.
Das Buch Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung liest sich für mich eher wie eine Reportage als eine Roman. Das Buch Gesellschaft mit beschränkter Hoffnungist eine Empfehlung, weil in diesem Buch ein wichtiges Stück Geschichte der DDR Behindertenbewegung erzählt wird. Die christlich kommunistische Utopie von Hartroda die auch immer wieder im Buch angesprochen wird hatte den Anspruch eines absolut selbstbestimmten Lebens.